Viele Ideen sind auf dem Papier hervorragend. Oft fehlt aber das Wissen wie man brillante Konzepte in den eigenen Alltag einbauen kann. Dieser kleine Workshop soll die Lücke zwischen Theorie und Praxis schließen und zeigt mit welchen Maßnahmen man langfristig zu einer stabile API gelangt.
(c) 2021 Marco Schulz, Java PRO Ausgabe 1, S.31-34
Bei der Entwicklung kommerzieller Software ist vielen Beteiligten oft nicht klar, das die Anwendung für lange Zeit in Benutzung sein wird. Da sich unsere Welt stetig im Wandel befindet, ist es leicht abzusehen, dass im Laufe der Jahre große und kleine Änderungen der Anwendung ausstehen werden. Zu einer richtigen Herausforderung wird das Vorhaben, wenn die zu erweiternde Anwendung nicht für sich isoliert ist, sondern mit anderen Systemkomponenten kommuniziert. Denn das bedeutet für die Konsumenten der eigenen Anwendung in den meisten Fällen, das sie ebenfalls angepasst werden müssen. Ein einzelner Stein wird so schnell zu einer Lawine. Mit einem guten Lawinenschutz lässt sich die Situation dennoch beherrschen. Das gelingt aber nur, wenn man berücksichtigt, das die im nachfolgenden beschriebenen Maßnahmen ausschließlich für eine Prävention gedacht sind. Hat sich die Gewalt aber erst einmal entfesselt, kann ihr kaum noch etwas entgegengesetzt werden. Klären wir deshalb zu erst was eine API ausmacht.
Verhandlungssache
Ein Softwareprojekt besteht aus verschieden Komponenten, denen spezialisierte Aufgaben zuteil werden. Die wichtigsten sind Quelltext, Konfiguration und Persistenz. Wir befassen uns hauptsächlich mit dem Bereich Quelltext. Ich verrate keine Neuigkeiten, wenn ich sage dass stets gegen Interfaces implementiert werden soll. Diese Grundlage bekommt man bereits in der Einführung der Objektorientierten Programmierung vermittelt. Bei meiner täglichen Arbeit sehe ich aber sehr oft, das so manchem Entwickler die Bedeutung der Forderung gegen Interfaces zu Entwickeln, nicht immer ganz klar ist, obwohl bei der Verwendung der Java Standard API, dies die übliche Praxis ist. Das klassische Beispiel hierfür lautet:
List<String> collection = new ArrayList<>();
JavaDiese kurze Zeile nutzt das Interface List, welches als eine ArrayList implementiert wurde. Hier sehen wir auch, das keine Anhängsel in Form eines I die Schnittstelle kennzeichnet. Auch die zugehörige Implementierung trägt kein Impl im Namen. Das ist auch gut so! Besonders bei der Implementierungsklasse könnten ja verschiedene Lösungen erwünscht sein. Dann ist es wichtig diese gut zu kennzeichnen und leicht durch den Namen unterscheidbar zu halten. ListImpl und ListImpl2 sind verständlicherweise nicht so toll wie ArrayList und LinkedList auseinander zu halten. Damit haben wir auch schon den ersten Punk einer stringenten und sprechenden Namenskonvention klären können.
Im nächsten Schritt beschäftigen uns die Programmteile, welche wir möglichst nicht für Konsumenten der Anwendung nach außen geben wollen, da es sich um Hilfsklassen handelt. Ein Teil der Lösung liegt in der Struktur, wie die Packages zu organisieren sind. Ein sehr praktikabler Weg ist:
- my.package.path.business: enthält sämtliche Interfaces
- my.package.path.application: enthält die Implementierungen der Interfaces
- my.package.path.application.hepler: enthält interne Hilfsklassen
Bereits über diese simple Architektur signalisiert man anderen Programmierern, das es keine gute Idee ist Klassen aus dem Package helper zu benutzen. Ab Java 9 gibt es noch weitreichendere Restriktion, das Verwenden interner Hilfsklassen zu unterbinden. Die Modularisierung, welche mit dem Projekt Jingsaw [1] in Java 9 Einzug genommen hat, erlaubt es im Moduldescriptor module-info.java Packages nach außen hin zu verstecken.
Separatisten und ihre Flucht vor der Masse
Schaut man sich die meisten Spezifikationen etwas genauer an, so stellt man fest, das viele Schnittstellen in eigene Bibliotheken ausgelagert wurden. Technologisch betrachtet würde das auf das vorherige Beispiel bezogen bedeuten, dass das Package business welches die Interfaces enthält in eine eigene Bibliothek ausgelagert wird. Die Trennung von API und der zugehörigen Implementierung erlaubt es grundsätzlich Implementierungen leichter gegeneinander auszutauschen. Es gestattet außerdem einem Auftraggeber eine stärkeren Einfluss auf die Umsetzung seines Projektes bei seinem Vertragspartner auszuüben, indem der Hersteller die API durch den Auftraggeber vorgefertigt bekommt. So toll wie die Idee auch ist, damit es dann auch tatsächlich so klappt, wie es ursprünglich gedacht wurde, sind aber ein paar Regeln zu beachten.
Beispiel 1: JDBC. Wir wissen, das die Java Database Connectivity ein Standard ist, um an eine Applikation verschiedenste Datenbanksysteme anbinden zu können. Sehen wir von den Probleme bei der Nutzung von nativem SQL einmal ab, können JDBC Treiber von MySQL nicht ohne weiteres durch postgreSQL oder Oracle ersetzt werden. Schließlich weicht jeder Hersteller bei seiner Implementierung vom Standard mehr oder weniger ab und stellt auch exklusive Funktionalität des eigene Produktes über den Treiber mit zu Verfügung. Entscheidet man sich im eigenen Projekt massiv diese Zusatzfeatures nutzen zu wollen, ist es mit der leichten Austauschbarkeit vorüber.
Beispiel 2: XML. Hier hat man gleich die Wahl zwischen mehreren Standards. Es ist natürlich klar das die APIs von SAX, DOM und StAX nicht zueinander kompatibel sind. Will man beispielsweise wegen einer besseren Performance von DOM zum ereignisbasierten SAX wechseln, kann das unter Umständen umfangreiche Codeänderungen nach sich ziehen.
Beispiel 3: PDF. Zu guter letzt habe ich noch ein Szenario von einem Standard parat, der keinen Standard hat. Das Portable Document Format selbst ist zwar ein Standard wie Dokumentdateien aufgebaut werden, aber bei der Implementierung nutzbarer Programmbibliotheken für die eigene Anwendung, köchelt jeder Hersteller sein eigenes Süppchen.
Die drei kleinen Beispiele zeigen die üblichen Probleme auf die im täglichen Projektgeschäft zu meistern sind. Eine kleine Regel bewirkt schon großes: Nur Fremdbibliotheken nutzen, wenn es wirklich notwendig ist. Schließlich birgt jede verwendete Abhängigkeit auch ein potenzielles Sicherheitsrisiko. Es ist auch nicht notwendig eine Bibliothek von wenigen MB einzubinden um die drei Zeile einzusparen, die benötigt werden um einen String auf leer und null zu prüfen.
Musterknaben
Wenn man sich für eine externe Bibliothek entschieden hat, so ist es immer vorteilhaft sich anfänglich die Arbeit zu machen und die Funktionalität über eine eigene Klasse zu kapseln, welche man dann exzessiv nutzen kann. In meinem persönlichen Projekt TP-CORE auf GitHub [2] habe ich dies an mehreren Stellen getan. Der Logger kapselt die Funktionalität von SLF4J und Logback. Im Vergleich zu den PdfRenderer ist die Signatur der Methoden von den verwendeten Logging Bibliotheken unabhängig und kann somit leichter über eine zentrale Stelle ausgetauscht werden. Um externe Bibliotheken in der eigenen Applikation möglichst zu kapseln, stehen die Entwurfsmuster: Wrapper, Fassade und Proxy zur Verfügung.
Wrapper: auch Adaptor Muster genannt, gehört in die Gruppe der Strukturmuster. Der Wrapper koppelt eine Schnittstelle zu einer anderen, die nicht kompatibel sind.
Fassade: ist ebenfalls ein Strukturmuster und bündelt mehrere Schnittstellen zu einer vereinfachten Schnittstelle.
Proxy: auch Stellvertreter genannt, gehört ebenfalls in die Kategorie der Strukturmuster. Proxies sind eine Verallgemeinerung einer komplexen Schnittstelle. Es kann als Komplementär der Fassade verstanden werden, die mehrere Schnittstellen zu einer einzigen zusammenführt.
Sicher ist es wichtig in der Theorie diese unterschiedlichen Szenarien zu trennen, um sie korrekt beschreiben zu können. In der Praxis ist es aber unkritisch, wenn zur Kapselung externer Funktionalität Mischformen der hier vorgestellten Entwurfsmuster entstehen. Für alle diejenigen die sich intensiver mit Design Pattern auseinander Setzen möchten, dem sei das Buch „Entwurfsmuster von Kopf bis Fuß“ [3] ans Herz gelegt.
Klassentreffen
Ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einer stabilen API ist eine ausführliche Dokumentation. Basierend auf den bisher besprochenen Schnittstellen, gibt es eine kleine Bibliothek mit der Methoden basierend der API Version annotiert werden können. Neben Informationen zum Status und der Version, können für Klassen über das Attribute consumers die primäre Implementierungen aufgeführt werden. Um API Gaurdian dem eigenen Projekt zuzufügen sind nur wenige Zeilen der POM hinzuzufügen und die Property ${version} gegen die aktuelle Version zu ersetzen.
<dependency>
<groupId>org.apiguardian</groupId>
<artifactId>apiguardian-api</artifactId>
<version>${version}</version>
</dependency>
XMLDie Auszeichnung der Methoden und Klassen ist ebenso leicht. Die Annotation @API hat die Attribute: status, since und consumers. Für Status sind die folgenden Werte möglich:
- DEPRECATED: Veraltet, sollte nicht weiterverwendet werden.
- EXPERIMENTAL: Kennzeichnet neue Funktionen, auf die der Hersteller gerne Feedback erhalten würde. Mit Vorsicht verwenden, da hier stets Änderungen erfolgen können.
- INTERNAL: Nur zur internen Verwendung, kann ohne Vorwarnung entfallen.
- STABLE: Rückwärts kompatibles Feature, das für die bestehende Major-Version unverändert bleibt.
- MAINTAINED: Sichert die Rückwärtsstabilität auch für das künftige Major-Release zu.
Nachdem nun sämtliche Interfaces mit diesen nützlichen META Informationen angereichert wurden, stellt sich die Frage wo der Mehrwert zu finden ist. Dazu verweise ich schlicht auf Abbildung 1, welche den Arbeitsalltag demonstriert.
Für Service basierte RESTful APIs, gibt es ein anderes Werkzeug, welches auf den Namen Swagger [4] hört. Auch hier wird der Ansatz aus Annotationen eine API Dokumentation zu erstellen verfolgt. Swagger selbst scannt allerdings Java Webservice Annotationen, anstatt eigene einzuführen. Die Verwendung ist ebenfalls recht leicht umzusetzen. Es ist lediglich das swagger-maven-plugin einzubinden und in der Konfiguration die Packages anzugeben, in denen die Webservices residieren. Anschließend wird bei jedem Build eine Beschreibung in Form einer JSON Datei erstellt, aus der dann Swagger UI eine ausführbare Dokumentation generiert. Swagger UI selbst wiederum ist als Docker Image auf DockerHub [5] verfügbar.
<plugin>
<groupId>io.swagger.core.v3</groupId>
<artifactId>swagger-maven-plugin</artifactId>
<version>${version}</version>
<configuration>
<outputFileName>swagger</outputFileName>
<outputFormat>JSON</outputFormat>
<resourcePackages>
<package>org.europa.together.service</package>
</resourcePackages>
<outputPath>${project.build.directory}</outputPath>
</configuration>
</plugin>
XMLVersionierung ist für APIs ein wichtiger Punkt. Unter Verwendung des Semantic Versioning lässt sich bereits einiges von der Versionsnummer ablesen. Im Bezug auf eine API ist das Major Segment von Bedeutung. Diese erste Ziffer kennzeichnet API Änderungen, die inkompatibel zueinander sind. Eine solche Inkompatibilität ist das Entfernen von Klassen oder Methoden. Aber auch das Ändern bestehender Singnaturen oder der Rückgabewert einer Methode erfordern bei Konsumenten im Rahmen einer Umstellung Anpassungen. Es ist immer eine gute Entscheidung Arbeiten, die Inkompatibilitäten verursachen zu bündeln und eher selten zu veröffentlichen. Dies zeugt von Stabilität im Projekt.
Auch für WebAPIs ist eine Versionierung angeraten. Die geschieht am besten über die URL, in dem eine Versionsnummer eingebaut wird. Bisher habe ich gute Erfahrungen gesammelt, wenn lediglich bei Inkompatibilitäten die Version hochgezählt wird.
Beziehungsstress
Der große Vorteil eines RESTful Service mit „jedem“ gut auszukommen, ist zugleich der größte Fluch. Denn das bedeutet das hier viel Sorgfalt walten muss, da viele Klienten versorgt werden. Da die Schnittstelle eine Ansammlung von URIs darstellt, liegt unser Augenmerk bei den Implementierungsdetails. Dazu nutze ich ein Beispiel aus meinen ebenfalls auf GitHub verfügbaren Projekt TP-ACL.
RolesDO role = rolesDAO.find(roleName);
String json = rolesDAO.serializeAsJson(role);
if (role != null) {
response = Response.status(Response.Status.OK)
.type(MediaType.APPLICATION_JSON)
.entity(json)
.encoding("UTF-8")
.build();
} else {
response = Response.status(Response.Status.NOT_FOUND).build();
}
JavaDer kurze Auszug aus dem try Block der fetchRole Methode die in der Klasse RoleService zu finden ist. Die GET Anfrage liefert für den Fall, das eine Rolle nicht gefunden wird den 404 Fehlercode zurück. Sie ahnen sicherlich schon worauf ich hinaus will.
Bei der Implementierung der einzelnen Aktionen GET, PUT, DELETE etc. einer Resource wie Rolle, genügt es nicht einfach nur den sogenannten HappyPath umzusetzen. Bereits während des Entwurfes sollte berücksichtigt werden, welche Stadien eine solche Aktion annehmen kann. Für die Implementierung eines Konsumenten (Client) ist es schon ein beachtlicher Unterschied ob eine Anfrage, die nicht mit 200 abgeschlossen werden kann gescheitert ist, weil die Ressource nicht existiert (404) oder weil der Zugriff verweigert wurde (403). Hier möchte ich an die vielsagende Windows Meldung mit dem unerwarteten Fehler anspielen.
Fazit
Wenn wir von eine API sprechen, dann bedeutet es, das es sich um eine Schnittstelle handelt, die von anderen Programmen genutzt werden kann. Der Wechsel eine Major Version indiziert Konsumenten der API, das Inkompatibilität zur vorherigen Version vorhanden ist. Weswegen möglicherweise Anpassungen erforderlich sind. Dabei ist es völlig irrelevant um welche Art API es sich handelt oder ob die Verwendung der Anwendung öffentlich beziehungsweise fetchRole Methode, die Unternehmensintern ist. Die daraus resultierenden Konsequenzen sind identisch. Aus diesem Grund sollte man sich mit den nach außen sichtbaren Bereichen seiner Anwendung gewissenhaft auseinandersetzen.
Arbeiten, welche zu einer API Inkompatibilität führen, sollten durch das Release Management gebündelt werden und möglichst nicht mehr als einmal pro Jahr veröffentlicht werden. Auch an dieser Stelle zeigt sich wie wichtig regelmäßige Codeinspektionen für eine stringente Qualität sind.