So wird Unternehmenswissen greifbar

Das Fachwissen der eigenen Mitarbeiter ist für jede Organisation ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Umso wichtiger ist es, die Erfahrungen und Fachkenntnisse dauerhaft zu speichern und anderen Mitarbeitern zur Verfügung zu stellen. Ein zentraler Knowledge-Management-Server übernimmt diese Aufgabe und hilft, langfristig die Produktivität im Unternehmen zu sichern.

(c) 2011 Marco Schulz, Materna Monitor, Ausgabe 2, S.32-33

Die Komplexität der heutigen stark vernetzten Arbeitswelt erfordert ein reibungsloses Zusammenspiel unterschiedlichster Spezialisten. Eine wichtige Rolle spielt hierbei der Wissenstransfer. Erschwert wird dieser Austausch, wenn die Teammitglieder an unterschiedlichen Standorten mit verschiedenen Zeitzonen arbeiten oder aus anderen Kulturkreisen kommen. Unternehmen mit weltweiten Standorten kennen diese Problematik und haben entsprechende Strategien für ein unternehmensweites Wissens-Management entwickelt. Um dieses erfolgreich einzuführen, sollte die einzusetzende IT-Lösung als Methodik aufgefasst werden anstatt das eigentliche Werkzeug in den Vordergrund zu stellen. Haben die Verantwortlichen die Entscheidung für eine bestimmte Software-Lösung getroffen, sollte diese auch konsequent beibehalten werden. Ein häufiger Systemwechsel mindert die Qualität der Verknüpfungen zwischen den gespeicherten Inhalten. Da es keinen normierten Standard für die Repräsentation von Wissen gibt, können bei einem Wechsel auf neue Software-Lösungen erhebliche Konvertierungsverluste eintreten.

Verschiedene Mechanismen für unterschiedliche Inhalte

Informationen lassen sich in IT-Systemen auf verschiedene Weise speichern. Die einzelnen Repräsentationsformen unterscheiden sich durch die Darstellung, Strukturierung und Verwendung. Um Dokumente gemeinsam konfliktfrei bearbeiten und gleichzeitig versionieren zu können, wie es bei Spezifikationen oder Dokumentationen notwendig ist, eignen sich Wikis [1] optimal, da sie genau für diesen Einsatz ursprünglich entwickelt wurden. Die dort gespeicherten Dokumente sind üblicherweise projektspezifisch und sollten auch so organisiert werden.

Projektübergreifende Dokumente im Wiki sind zum Beispiel Fachworterklärungen, ein zentrales Abkürzungsverzeichnis oder ein Who is Who der Unternehmensmitarbeiter inklusive Kontaktdaten und Themengebieten. Letztere lassen sich wiederum mit der Fachworterklärung verknüpfen. Übergreifende Inhalte können dann zentral aktuell gehalten werden und lassen sich komfortabel in die entsprechenden Projektdokumente verlinken. Dieses Vorgehen vermeidet unnötige Wiederholungen und die zu lesenden Dokumente werden kürzer, enthalten aber dennoch alle notwendigen Informationen. Johannes Siedersleben hat bereits 2003 in seinem Buch Softwaretechnik [2] die Risiken zu langer Dokumentationen beschrieben.

Wissen, das eher den Charakter einer FAQ aufweist, sollte besser über ein Forum organisiert werden. Die Gruppierung nach Themen, in denen Fragen nach dem Muster „Wie kann ich …?“ hinterlegt sind, erleichtern das Auffinden möglicher Lösungen. Besonders attraktiv ist die Tatsache, dass ein solches Forum sich mit der Zeit dem Bedarf nach weiterentwickelt. Denn Nutzer haben die Möglichkeit, eigene Fragen zu formulieren und in das Forum einzustellen. In aller Regel lassen qualifizierte Antworten auf neu gestellte Fragen nicht lange auf sich warten.

Geeignete Kandidaten für Blogs sind zum Beispiel allgemeine Informationen zum Unternehmen, Statusberichte oder Tutorials. Dies sind Dokumente, die eher einen informativen Charakter haben, nicht formgebunden sind oder sich schwer einem speziellen Thema zuordnen lassen. Kurzinformationen (Tweets [3]) über Twitter, die in Kanälen thematisch zusammengefasst sind, können die Projektarbeit ebenfalls bereichern. Sie minimieren zusätzlich die E-Mails im eigenen Postkasten. Beispiele dafür sind Reminder zu einem bestimmten Event, ein Newsflash zu neuen Produktversionen oder eine Information über einen erfolgreich abgeschlossenen Arbeitsprozess. Tweets in die Projektarbeit zu integrieren, ist relativ neu und entsprechend rar sind hierfür geeignete Software-Lösungen.

Natürlich ist die Aufzählung von Möglichkeiten an dieser Stelle bei weitem noch nicht erschöpft. Die Beispiele vermitteln aber bereits einen guten Überblick, wie Unternehmen ihr Wissen organisieren können. Mit der Verknüpfung der einzelnen Systeme zu einem Portal [4], das eine übergreifende Suche und Benutzerverwaltung hat, entsteht so schnell ein Netzwerk, das sich auch als Cloud-Lösung eignet.

Für die Akzeptanz einer Wissensplattform ist die Anwenderfreundlichkeit ein entscheidender Faktor. Lange Einarbeitungszeiten, unübersichtliche Strukturierungen und eine umständliche Bedienung können schnell zur Ablehnung führen. Mit einer Zugangsberechtigung zu den einzelnen Inhalten auf Gruppenebene wird auch der Sicherheit genüge getan. Ein gutes Beispiel dafür ist das Enterprise Wiki Confluence [5]. Es ermöglicht, den einzelnen Dokument-Ebenen verschiedene Lese- und Schreib-Berechtigungen zuzuordnen.

Naturgemäß kann man von einem Entwickler nicht erwarten, dass er nach erfolgreicher Implementierung sein Werk mit den richtigen Worten für die Nachwelt verständlich beschreibt. Dass die Qualität der Texte in vielen Dokumentationen nicht immer ausreichend ist, hat auch die Hochschule Merseburg erkannt und bietet den Studiengang Technische Redaktion [6] an. Als geeignetes Mittel zur Qualitätssicherung der Inhalte hat sich daher das Querlesen durch andere Projektmitglieder erwiesen. Um das Verfassen von Texten zu erleichtern, ist es hilfreich, einen kleinen Leitfaden – ähnlich der Coding Convention – bereitzustellen.

Fazit

Eine Wissensdatenbank lässt sich nicht von heute auf morgen umsetzen. Es braucht Zeit, bis darin genügend Informationen zusammengetragen sind. Erst durch Interaktion und Korrekturen von Unverständlichkeiten erreicht das Wissen eine Qualität, die zum Transfer einlädt. Jeder Mitarbeiter sollte dazu ermutigt werden, vorhandene Texte mit neuen Erkenntnissen anzureichern, unverständliche Passagen aufzulösen oder Suchbegriffe zu ergänzen. Wenn der Prozess der Wissensschöpfung und Verteilung in dieser Form gelebt wird, werden weniger Dokumente verwaisen und die Informationen sind stets aktuell.

Ressourcen

  1. Vergleich verschiedener Wiki-Systeme: http://www.wikimatrix.org
  2. „Softwaretechnik“ Johannes Siedersleben (Hrsg.),2003, ISBN: 9783446225299
  3. iX kompakt 01/2010, 2. Auflage, IT-Projekte
  4. IBM Lotus HCL Connection: https://www.hcltechsw.com/connections
  5. Produktbeschreibung zu Confluence: https://www.atlassian.com/software/confluence
  6. Studiengang Technische Redaktion an der HS Merseburg: https://www.hs-merseburg.de/studium/studiengaenge/technisches-informationsdesign/

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